Dieser Wahrnehmungseffekt besagt, dass wir den Einfluss instinktiver Reaktionen auf unser Verhalten unterschätzen. Dazu zählen zum Beispiel die Reaktionen auf Hunger, Schmerz oder starke Emotionen. Das Problem ist, dass unsere Wahrnehmung stets vom jeweiligen Zustand abhängt. Deshalb ist es schwierig, sich im Vorhinein in diese Situationen hineinzuversetzen.
Sind wir zum Beispiel aufgeregt (Hot State), ist es schwer, sich vorzustellen, wie man ruhig und besonnen (Cold State) agiert. Denn meist ist uns im aufgeregten Zustand überhaupt nicht bewusst, wie stark unser Verhalten allein dadurch beeinflusst wird. Das kann schnell dazu führen, dass wir kurzfristig Entscheidungen treffen, die wir dann langfristig bereuen.
Umgekehrt ist es ausgehend von einem ruhigen, reflektierten Zustand schwer, sich vorzustellen, wie man aufgeregt sein kann und überreagiert. Denn im ruhigen Zustand verstehen wir nicht, wie stark instinktive Reaktionen auf unser Verhalten durchschlagen können: Wenn der Zustand des Hot-State vorherrscht, neigt unser Verstand dazu, in den Überlebensmodus umzuschalten und alles andere zu ignorieren. Das führt zu einem Gefühl des Kontrollverlusts und zu impulsiven Entscheidungen.
Ein gutes Beispiel ist die Börsenweisheit, immer dann gierig zu sein, wenn die anderen Angst haben und umgekehrt Angst zu haben, wenn die anderen gierig sind. Ausgehend vom ruhigen, reflektierten Zustand erscheint dies plausibel und wir glauben, dies leicht umsetzen zu können. Kommt es aber tatsächlich zu heftigen Marktverwerfungen und sind wir selbst der Hitze des Gefechts ausgeliefert, so sind wir im aufgeregten emotionalen Zustand gefangen und plötzlich nicht mehr in der Lage, wie geplant zu agieren. Stattdessen neigen wir jetzt selbst dazu, wie die Masse zu agieren und panisch zu verkaufen.
Da Einflüsse wie Hunger, Schmerz oder starke Emotionen unsere Urinstinkte aktivieren, ist es schwer, unter deren Einfluss analytische Entscheidungen zu treffen. Eine gute Lösung ist deshalb, die wichtigsten Analysen abseits des Marktgeschehens im ruhigen Zustand durchzuführen, sich im Vorfeld gewisse Handlungsmuster zurechtzulegen und diese dann ohne erneutes Nachdenken im Echtzeithandel umzusetzen.
