Handelsstrategien bekannter Trader: Turtle Trading (Richard Dennis)
Die Geschichte der Turtles ist heute eine Trading-Legende. Der Begriff entstand aus der Idee des professionellen Futures-Traders Richard Dennis, man könne Trader "wie Schildkröten (Turtles) züchten". Im Rahmen einer Wette mit seinem Freund William Eckhart im Jahr 1983 wollte er zeigen, dass erfolgreiches Trading für jeden erlernbar ist, wenn man den wichtigsten Grundregeln folgt. Eckhart war gegenteiliger Meinung. Er hielt die Fähigkeit, profitabel traden zu können, für angeboren.
Das Experiment war für damalige Verhältnisse groß angelegt. Zunächst schaltete Dennis Anzeigen, in denen Menschen gesucht wurden, die sich zum Trader ausbilden lassen wollten. Es wurde explizit darauf hingewiesen, dass keine Börsenerfahrung notwendig ist. Insgesamt bewarben sich mehr als 1000 Menschen. Daraus wählte Dennis 13 Teilnehmer aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen aus. Die Teilnehmer bekamen eine Schulung, in der ihnen die wichtigsten Grundlagen erklärt wurden. Dazu zählten insbesondere die Handelsregeln, die sie im Verlauf des Experiments umsetzen sollten.
Zunächst erfolgte der Handel im Rahmen einer Simulation. Hier ging es darum, den Teilnehmern die notwendige Disziplin vor Augen zu führen, die zur Umsetzung der Handelsregeln erforderlich war. Am Ende qualifizierten sich 10 Trader für den Handel mit echtem Geld. Jeder von ihnen erhielt zwischen 500.000 und 2 Millionen Dollar Handelskapital, mit dem die Strategie nun am echten Markt gehandelt werden sollte.
Das Experiment verlief nicht reibungslos. Einige der Teilnehmer machten kleinere und größere Fehler und wichen von den Handelsregeln ab. Am Ende schafften sie es aber, über einen Zeitraum von 4 Jahren eine durchschnittliche Rendite von 80 Prozent zu erzielen. Damit hatte Richard Dennis gezeigt, dass Menschen mit völlig verschiedenen Voraussetzungen das Trading erlernen und erfolgreich umsetzen können.
Die Handelsregeln der Turtle Trader waren fest definiert. Die Schwierigkeit war also nicht, zu wissen, was wann zu tun ist, sondern die Trades tatsächlich wie geplant umzusetzen. Dennis hatte den Turtles zwei Long-Short-Trendfolgestrategien vorgegeben, die auf verschiedenen Zeithorizonten arbeiteten:
1) Einstieg bei Ausbruch über/unter das 20-Tage-Hoch/Tief, Ausstieg bei Erreichen eines neuen 10-Tage-Tiefs/Hochs
2) Einstieg bei Ausbruch über/unter das 55-Tage-Hoch/Tief, Ausstieg bei Erreichen eines neuen 20-Tage-Tiefs/Hochs
Entscheidend für den Erfolg war das Positionsmanagement. Jeder Trade war anfangs mit einem zusätzlichen Stopp-Loss abzusichern, dessen Abstand sich nach der Schwankungsbreite des Marktes richtete. Als Maßstab wurde die True Range der letzten 20 Tage verwendet. Das Doppelte dieses Wertes wurde als initialer Stoppabstand gewählt. Der Stopp war so lange aktiv, bis der nachlaufende Stopp anhand des 10- bzw. 20-Tage-Hochs/Tiefs diesen ersetzte.
Eine besondere Regel trat bei Verlustserien in Kraft. Hier wurde die Positionsgröße von 2% je Trade (Maximalrisiko) reduziert, bei hohen kumulierten Verlusten bis hin zu 1%. Umgekehrt gingen die Turtles mit Gewinn-Trades um. Hier wurden die Positionen in einem starken Trendverlauf bis zu 4-Mal aufgestockt. Zwar risikierten die Turtles damit die Anfangsgewinne ihrer Trades, aber erzielten dafür in starken Trends besonders hohe Renditen.
B1) Donchian Channel beim EUR/USD
Der Chart zeigt einen Kanal mit dem höchsten Hoch über 20 Tage und dem tiefsten Tief über 10 Tage. Grün unterlegt sind Kaufsignale der kurzfristigen Turtle-Strategie, rot unterlegt Ausstiegssignale (nur auf Basis des 10-Tage-Tiefs).
Quelle: WH SelfInvest, Nano Trader