Kurzinterview: Carsten Umland

Website: www.simplified-trading.com

Buch: „Einfach traden lernen: Der perfekte Tradingeinstieg“

1)     Welche Märkte handeln Sie und auf welchen Zeitebenen?

Grundsätzlich versuche ich, den Börsenhandel meinen Lebenszielen anzupassen. Klingt ein wenig esoterisch, aber dahinter steckt ein einfaches Konzept: Börse ist nur Mittel zum Zweck, um zum Beispiel meinem umfangreichen Hobby Triathlon nachzugehen. Deshalb handle ich US-Aktien auf Tagesbasis. Und wenn es regnet auch mal auf dem 5-Minuten Chart den Crude Oil Future.

 2)     Wie effizient sind die Märkte aus Ihrer Sicht?

Die Frage nach der Markteffizienz ist immer ein heiß diskutiertes Thema. Grundsätzlich glaube ich, dass eine gute Analyse durch Fundamentaldaten in Kombination mit Charttechnik erfolgversprechend ist. Die Einpreisung von Marktnachrichten ist damit in die Charttechnik eingebettet. Wer einen der beiden Teile vernachlässigt, betrachtet nur das halbe Bild. Wichtig dabei ist, nur das zu handeln, was man tatsächlich am Markt sieht – nicht das, was man glaubt oder was man sehen möchte.

3)     Wo sehen Sie Ihren konkreten Vorteil am Markt?

Mein Handelsstil beruht auf dem Handel aus der Korrektur heraus. Hier habe ich die Moving Bars (für den Handel aus der Korrektur Short) und die Reversal Bars (für den Handel aus der Korrektur Long) entwickelt. Diese bilden für mich den Einstiegsbereich ab. Ich versuche möglichst immer vor  anderen Marktteilnehmern positioniert zu sein, damit mich diese dann durch ihre Positionen in die jeweilige Richtung tragen.

4)     Können Sie uns einen typischen Gewinn-Trade zeigen?

Ebay ist ein gutes Beispiel. Der Trade zeigt einen Einstieg aus der Korrektur heraus bei rund 36 Dollar. Der Verlustbegrenzungsstopp lag unter dem neu entstandenen Tiefpunkt bei rund 34 Dollar. Der Zielbereich war das alte Hoch in diesem Chart. Letztendlich konnte sich der Kurs dennoch wesentlich weiter entwickeln als gedacht – auch deswegen, weil Ebay sich von Paypal getrennt hatte und dies sich unmittelbar auf den Kurs auswirkte.

Ebay Chart

5)     Wie sieht ein typischer Verlust-Trade aus?

Hierfür ist Exelon ein gutes Beispiel. Die Aktie befindet sich in einem intakten Aufwärtstrend. Der Einstieg erfolgte bei rund 38,70 Dollar und der Zielbereich der erwarteten Kursbewegung bei 42 Dollar. Der Initial-Stopp lag unter dem Tiefpunkt der Bewegung bei 37,70 Dollar. Unterschreitet der Markt diese Kurse, ist nach meiner Definition kein Aufwärtstrend mehr intakt und rechtfertigt damit auch keine Position auf steigende Kurse. Dieser Ausstieg im Verlust wurde dann am 02.02.2018 erreicht.+

Exelon

6)     Wie managen Sie Risiko und Chance einer Position beim Einstieg und danach?

Das Trade Management bildet eine tragende Säule und beruht auf einer stufenweisen Anpassung, je nachdem in welcher Phase sich der Trade befindet. Am Anfang des Trades steht die Risikominimierung im Vordergrund. Mit fortschreitender Dauer geht es im Gewinnfall um die Absicherung der entstanden Buchgewinne. Sollte ein Trade sich nicht wie vorgesehen entwickeln, durchläuft dieser einen Zeitstopp, um das damit verbundene Risiko zu reduzieren.

7)     Wie gehen Sie mit Ihren Gedanken und Emotionen im Trading um?

Dadurch, dass ich durch den Handel auf Tagesbasis einen weiten Abstand zum Markt habe, kommen Emotionen nur selten hoch. Beim kurzfristigen Handel auf dem 5-Minuten-Chart ist das allerdings anders. Dort klebt man fast am Bildschirm und ich empfinde das mit zunehmenden Alter anstrengend. Deshalb wähle ich so oft es geht die großen Zeiteinheiten, um mehr strategisch vorzugehen.

8)     Was war für Sie rückblickend die wichtigste Aha-Erkenntnis im Trading?

Nähe zum Markt, also der super-kurzfristige Handel, geht nicht unbedingt mit einer besseren Performance einher. Nur weil ich im 5-Minuten-Chart sehr viel aktiver am Markt bin, heißt das nicht sofort, das mit diesem Handelsstil am Ende auch mehr Gewinne generiert werden. Im Gegenteil. Man verliert den Blick für das Wesentliche - sowohl an der Börse als auch im Privatleben.

9)     Was ist aus Ihrer Sicht der häufigste Fehler bzw. Trugschluss von Einsteigern?

Die Einstiegshürden an der Börse sind mittlerweile extrem niedrig. Ein Konto zum Handeln ist schnell eröffnet. Damit verbunden glauben Einsteiger häufig, dass es ebenso schnell mit den Gewinnen geht. Dem ist aber nicht so. Es ist eine lange Reise. Die Lernkurve würde ich mit 2-3 Jahren veranschlagen. Darüber sind sich Einsteiger aber nicht bewusst. Stattdessen wollen sie zu schnell zu viel. Geduld ist eine wichtige Fähigkeit, die es an der Börse zu erlernen gilt.

10)  Sie sind sehr aktiv im Sport. Welche Parallelen sehen Sie zur Börse?

Geduld und Beharrlichkeit sind zwei Eigenschaften, die sowohl im Triathlon als auch an der Börse sehr nützlich sind. Um ein Saisonziel, wie das Finishen eines Ironman Triathlon unter den Top 15 in seiner Altersklasse zu erreichen, braucht es viel Geduld und die Beharrlichkeit, auch mal bei Regen zu trainieren, wenn man eigentlich lieber auf dem Sofa liegen würde. An der Börse brauchen Sie genau diese Geduld, um auf Ihr Trading-Setup zu warten und die Beharrlichkeit, auch dann weiterzumachen, wenn es mal nicht so gut läuft. In beiden Bereichen scheint nicht immer die Sonne.

 

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