Das Konzept von Widerstand und Unterstützung ist essenzieller Bestandteil der Charttechnik. Es ist ein visueller Ansatz, der von Tradern und Anlegern schon viel länger als technische Instrumente wie Indikatoren und Oszillatoren angewandt wird. Auch heute arbeiten vor allem Privatanleger gerne mit diesen Kursniveaus, um sich einen strategischen Vorteil beim Timing ihrer Ein- und Ausstiege zu erarbeiten.
Der große Vorteil dieser Methode ist, dass sich Widerstände und Unterstützungen auf einen Blick ermitteln lassen. Es sind also nicht erst irgendwelche (komplizierten) Berechnungen anzustellen, und zudem ist der Zeitaufwand sehr gering. Gleichzeitig sind die entsprechenden Kurslevel durchaus relevant für die weitere Entwicklung. Die Schwierigkeit der Analyse liegt vor allem in der individuellen Einschätzung, ob ein Level vermutlich halten wird oder gebrochen wird.
Grundsätzlich bieten Widerstands- und Unterstützungslevel gute Punkte für den Aufbau von Trading-Positionen. Eine Unterstützung liefert mögliche Long-, ein Widerstand mögliche Short-Einstiege. Werden die Levels dagegen nachhaltig durchbrochen, kann sich die Dynamik umkehren. Ein nachhaltig durchbrochener Widerstand gilt im weiteren Verlauf als Unterstützung für die Kursbewegung und eine nachhaltig durchbrochene Unterstützung als Widerstand.
Eine gute Erklärung, warum Widerstände und Unterstützungen funktionieren, sind stabile Verhaltensmuster der Marktteilnehmer. Wurde eine Aktie beispielsweise stark abverkauft und fällt auf ein früheres Tief zurück, können dort zwei Effekte zum Tragen kommen, die für die Ausbildung eines Unterstützungslevels im Chart sprechen:
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fallendes Angebot: wer die Aktie besitzt und den Kursrutsch mitgemacht hat, wird nicht verkaufen wollen, da der Kurs momentan wenig attraktiv ist
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steigende Nachfrage: wer die Aktie vor einer Weile kaufen wollte, aber den Einstieg verpasst und bisher nur zugeschaut hat, findet das niedrige Kursniveau attraktiv zum Kaufen
Oftmals bietet das alte Tief auf diese Weise tatsächlich eine Art Unterstützung, von der aus zumindest ein (kurzfristiger) Anstieg erfolgt. Umgekehrt lässt sich das Ganze für ein Widerstandslevel erklären, an dem die Kurse temporär nach unten drehen können.
Einen Haken hat die Analyse von Widerstand und Unterützung allerdings. Es ist keine exakte „Wissenschaft“. Mit anderen Worten, ein Level ist stets als breitere Zone um einen bestimmten früheren Hoch- oder Tiefpunkt zu verstehen. Es kann auch scheinbar knapp verfehlt oder überschritten und im Nachhinein dennoch als bestätigt interpretiert werden. Hier liegt es im Ermessen des Traders, einzuschätzen, wann das Level noch hält und wann es tatsächlich gescheitert ist.
Hinzu kommt, dass in Phasen starker Bewegungen bestimmte Level in Null-Komma-Nichts durchbrochen werden. Gibt es eine Panik oder Euphorie am Markt, können die Kurse einfach „durchrauschen“, ohne Widerstände und Unterstützungen überhaupt zu beachten. Auch darauf sollten Trader in der Praxis vorbereitet sein und entsprechend nie zu große Positionen handeln.
Wer mit Widerstand und Unterstützung arbeitet, sollte also etwas Spielraum einplanen bzw. grundsätzlich mit Ungenauigkeiten rechnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Level auf mehreren früheren Hochs oder Tiefs basiert, die jeweils leicht unterschiedliche Kursmarken aufgewiesen haben. Eine Pufferzone von rund einem Prozent nach oben und unten hat sich in der Praxis als gute Daumenregel erwiesen.
B1) Unterstützung wird Widerstand
Der Chart zeigt die Aktie der Deutschen Bank. Ende Januar bildete sie nach dem Kursrutsch eine Unterstützungszone um die 16-Euro-Marke aus. Nachdem der Kurs zunächst weiter abrutschte, begann eine Erholung. Aus der einstigen Unterstützung war nun ein Widerstand geworden, an dem die Kurse einige Male nach unten abprallten.
Quelle: WH SelfInvest, NanoTrader