Yvan Byeajee, CreateSpace Independent Publishing, 2015
Zero to Hero ist ein etwas anderes Buch über Trading-Psychologie. Anders deswegen, weil der Autor, Yvan Byeajee, in seinem knapp 100 Seiten dünnen Werk vor allem aus eigener Erfahrung erzählt. Gleich im ersten Kapitel nennt er den wichtigsten Punkt: Es geht darum, sich selbst als Person von seinen Gedanken zu distanzieren.
Wie die meisten Trader kam der Autor mit einem Bündel an Ängsten, schlechten Gewohnheiten und Unsicherheiten zum Trading und erlebte damit schwere finanzielle sowie emotionale Drawdowns. Er war mental völlig unvorbereitet und hatte angenommen, die notwendigen psychologischen Fähigkeiten für professionelles Trading bereits zu besitzen. Wie so viele Einsteiger dachte er, es besser zu können als all die übrigen Trader, die an den Märkten scheitern.
Alles, was wir im Leben tun, dient letztlich dazu, unseren mentalen Zustand zu verbessern. Doch im Trading ist das, was sich gut anfühlt und kurzfristigen psychischen Schmerz vermeidet oftmals mit falschen Entscheidungen verbunden. Die gute Nachricht: Es ist eine erlernbare Fähigkeit, das zu tun, was schwierig, aber richtig ist. Dazu muss man ein passiver Beobachter der eigenen Gedanken und Gefühle werden. Durch diese neue, äußere Perspektive wird es möglich, sich von der Situation zu distanzieren. Das führt dazu, dass unsere Gedanken das tatsächliche Handeln nicht mehr ungewollt beeinflussen. Denn wir können zwar die Märkte nicht ändern, aber wir können uns ändern.
Die magische Pille dazu heißt Meditation. Wir verbringen einen Großteil unseres Lebens in Gedanken, die eine natürliche Funktion unseres Geistes sind, aber oft auch eine Ablenkung und damit die Ursache für Probleme sind. Der Autor beschreibt einen schönen Vergleich: Wenn wir schlafen und ein Traum beginnt, sind wir davon nicht überrascht. Genauso ist es, wenn wir wach sind und unsere Gedanken (unaufhörlich) zu kreisen beginnen. Stellen Sie sich vor, man würde all diese Gedanken über einen Lautsprecher übertragen - für andere würde sich das ziemlich wahnsinnig anhören.
Das Problem sind nicht die Gedanken selbst, sondern unser Zustand, dass wir uns dessen nicht bewusst sind. Deshalb ist es so wichtig, die Kontrolle zu erlangen, indem wir uns wirklich bewusst machen, dass es nur Gedanken sind. Auf diese Weise kann man sich als reale Person von seinen bloßen Vorstellungen unterscheiden und verhindern, dass unsere Gedanken und Emotionen wie Wut, Angst oder Verzweiflung die Kontrolle übernehmen. Indem wir unsere Gedanken aus der Perspektive eines Außenstehenden beobachten, können wir uns davon lösen. Wer sich zum Beispiel bewusst ist, gerade Angst zu spüren und diese Emotion aus der Beobachter-Perspektive wahrnimmt, macht sich von diesem Gefühl frei. Auf diese Weise erlangt man Klarheit - aber nur, solange man sich nicht erneut in Gedanken verliert.
Im Buch beschreibt der Autor, wie sich Meditation systematisch anwenden lässt, um diese Klarheit zu behalten. Als erstes sollte man sich auf die Gleichmäßigkeit der eigenen Atmung fokussieren. Nun geht es darum, den Moment zu erkennen, in dem die Gedanken aufkommen und wir beginnen, uns in ihnen verlieren. Jetzt müssen wir uns aktiv in die Beobachter-Perspektive versetzen und die Gedanken von außen anschauen, als wären es Bilder. Wir beobachten, wie sie entstehen und wieder verschwinden. Im Idealfall kommen wir an den Punkt, an dem die Gedanken und unser Bewusstsein darüber praktisch gleichzeitig auftreten. Das ist entscheidend, denn um negative Verhaltensmuster im Trading zu verändern, müssen wir uns der damit verbundenen Gedanken in Echtzeit bewusst werden. Viele Trader kommen nie an diesen Punkt und erkennen immer erst im Nachhinein, dass sie in Wahrheit von Ihren Emotionen kontrolliert wurden.
Ein weiterer großer Vorteil der Meditation ist das bewusste Wahrnehmen des gegenwärtigen Moments und die Fähigkeit, diesen als Realität zu akzeptieren. Auch das schaffen die wenigsten Trader. Stattdessen transportieren sie mit jeder ihrer Positionen Ängste und Hoffnungen und sind enttäuscht, wenn es nicht so läuft wie erwartet. Der Grund dafür ist, dass sie sich schon wieder in ihren Gedanken verloren haben, ohne es zu bemerken, da „denken“ eben der Standard-Ansatz unseres Gehirns ist, um Probleme zu lösen.
Systematische Meditation erlaubt es, von der Vergangenheit loszulassen, die nichts als eine Erinnerung ist. Loszulassen von der Zukunft, die noch nicht real ist und die wir nur in unserem Geist antizipieren. Und loszulassen von den ständigen Gedanken über uns selbst. Nur wer wirklich verinnerlicht, dass der gegenwärtige Moment letztlich alles ist, was wir haben, kann daran arbeiten, das Beste daraus zu machen.
Fazit
Das Buch beschreibt Meditation als Technik, um aus dem „Gefängnis“ der eigenen Gedanken auszubrechen, besser zu traden und im Hier und Jetzt glücklich zu sein. Wenn man das Buch in einem Ratschlag zusammenfassen möchte, dann so: „Fangen Sie an, jeden Tag zu meditieren.“ Manche mögen das für Quatsch halten, aber der Autor macht einen guten Job, dem Leser das Potenzial dieser Technik näherzubringen.
10 Erkenntnisse aus dem Buch:
Das Bild von uns selbst ist eine Illusion: Unser Bewusstsein, Kapitän unseres Körpers zu sein, ist nichts als das direkte Ergebnis unzähliger neurophysiologischer Prozesse in unserem Gehirn; Prozesse, die wir nicht kontrollieren können
Jeder Mensch hat einen aktiven Geist voller Gedanken, die auftauchen wie Wolken am blauen Himmel; die Wolken kommen und gehen, während der Himmel immer da ist
Die ständige Produktion von Gedanken ist der Normalzustand unseres Geistes; Meditation ist eine Lösung, diesen unproduktiven Dialog mit uns selbst zu durchbrechen
Meditation reduziert unser „Affen-Denken“, also das ständige Kreisen der Gedanken, das uns zu viel über die Vergangenheit und die Zukunft nachdenken lässt
Meditation ermöglicht uns das Bewusstsein über die eigenen Gedanken und die Fähigkeit, mental im Hier und Jetzt zu leben
Meditation verbessert den Fokus, die Aufmerksamkeit und die Fähigkeit, unter Stress zu arbeiten; sie verleiht mentale Stärke, Ausdauer und emotionale Intelligenz
Angst und Gier existieren nur in den Grenzen unserer Gedanken; deshalb ist das Handeln auf Basis dieser Emotionen nicht empfehlenswert
Trading wird immer frustrierend und nie befriedigend sein, wenn wir erwarten, dass uns das Auf und Ab an den Märkten in jedem Moment erfüllt
Zufriedenheit und Freiheit müssen aus unserem Inneren kommen, statt zu versuchen, sie durch externe (Trading-)Erfolge zu erlangen, von denen wir niemals genug bekommen
Das Leben im Hier und Jetzt ist die einzige Realität unserer Existenz; der Fokus darauf ermöglicht es, wirkliche Erfüllung im Leben zu finden